Arbeiten ohne Kompromisse - Innovativer Röntgenschutz für Frauen

Die Anatomie des weiblichen Körpers erfordert eine besondere Betrachtung beim Röntgenschutz: Die Schutzkleidung sollte nicht nur möglichst bequem sein, sondern auch zur weiblichen Figur passen. Dabei geht es keineswegs um Mode, sondern um effizienten Strahlenschutz.

 

Anstieg der Gesamtkrebsinzidenz

 

Neueste wissenschaftliche US-Studien haben einen 1,9-fachen Anstieg der Gesamtkrebsinzidenz und einen 2,9- bis 3,9-fachen Anstieg der Brustkrebsinzidenz gezeigt.  Diese erschreckenden Daten beziehen sich auf orthopädische Chirurginnen[1-3].

Die berufliche Strahlenexposition wurde auch in anderen Gruppen des Gesundheitswesens mit einer erhöhten Prävalenz von Brustkrebs bei Frauen in Verbindung gebracht, darunter US-amerikanische Radiologietechnikerinnen, chinesische Röntgenassistentinnen und finnische Ärztinnen [4,5,6].

 

  Anna Uhlitz, Leiterin des Produkt- und Projektmanagements MAVIG

 

 

 

Das Brustgewebe ist besonders sensibel gegenüber Strahlung, weswegen es unbedingt geschützt werden sollte. Im ICRP Report 103 von 2007 wurde der Wichtungsfaktor für die Brust mit dem roten Knochenmark, der Lunge, dem Magen und dem Colon auf den höchsten Wert von 0,12 gesetzt“, sagt die Leiterin des Produkt- und Projektmanagements bei MAVIG, Anna-Luisa Uhlitz.

 

Röntgenschutz muss passen

 

Anna-Luisa Uhlitz weist darauf hin, dass ungeeignete Schutzkleidung in beiden Richtungen keinen ausreichenden Schutz bietet: „Zu kleine Schutzkleidung deckt den Körper nicht ausreichend ab. Zu große Schutzkleidung bringt ein unnötig hohes Gewicht sowie zu große Hals- und Armausschnitte mit sich, was ebenfalls zu einer unzureichenden Abdeckung führt. Dies gilt übrigens für jegliches medizinisches Personal, das exponiert wird, nicht nur Frauen. Es ist wichtig, dass die passenden Größen vom Hersteller angeboten und vom Arbeitgeber vorgehalten werden.

Vertreterin des Ausschusses der Ärztinnen im Hartmannbund Dr. Dr. Galina Fisher merkt an, dass Ärztinnen in der „traditionell männlich geprägten ärztlichen Arbeitswelt“ mit einem Mangel an passenden Größen der Schutzkleidung konfrontiert sind. [7]

Studien haben gezeigt, dass die derzeitige Strahlenschutz-PSA (Persönliche Schutzausrüstung) das Brustgewebe der Frauen nur unzureichend schützt, da der Bereich in der Nähe der Achselhöhle (der so genannte obere äußere Quadrant und die Achselhöhle – die häufigste Stelle für Brustkrebs) ungeschützt bleibt. [8]

Vertreterinnen des Ausschusses der Ärztinnen im Hartmannbund Dr. Dr. Galina Fischer, Dr. Lisa Rosch und Dr. Sabine Wedekind weisen auf die Notwendigkeit hin, die Umsetzung der Arbeitsschutzvorschriften hinsichtlich adäquater Schutzkleidung für Ärztinnen dringend zu verbessern. [7]

 

Entwicklung eines neuen Röntgenschutzes für Frauen Victoria von MAVIG

 

Röntgenschutz Frauen Kollektion Victoria

 

Die Spezialistinnen von MAVIG wissen aus erster Hand, welchen Herausforderungen sich Frauen in Krankenhäusern und Kliniken bei der Arbeit mit Röntgengeräten stellen müssen. Schließlich muss die Schutzkleidung mehrere Stunden am Tag getragen werden.

 

Wie ist die Idee für die Victoria-Kollektion entstanden?

Das MAVIG-Team für Persönliche Schutzausrüstung besteht hauptsächlich aus Mitarbeiterinnen. Wir probieren unsere Produkte regelmäßig an, um ein Gespür für die Modelle zu bekommen. Dabei ist uns aufgefallen, dass der weibliche Körper andere Anforderungen an die Schnittführung der PSA stellt“, sagt die Leiterin der Konfektion bei MAVIG, Simone Füsers.

Anna-Luisa Uhlitz erwähnt, dass auch aus dem Kundenfeedback gespiegelt wurde, die aktuellen Schnitte würden bei manchen Damen, trotz passend ausgewählter Größe, nicht zu einem optimalen Strahlenschutz führen. „Bisher wurde dem durch individuell angepasste Armausschnitte, sowie durch die Kombination mit Ärmeln oder dem „Bolero“ entgegengewirkt. Dies bedeutet aber immer Mehraufwand und somit auch Mehrkosten für unsere Kundinnen“, so Anna-Luisa Uhlitz. „Deshalb haben wir eine Weste speziell für die Bedürfnisse von Frauen entwickelt, mit einer schmalen Passform, kleinen Armlöchern und einem Gummizug im Rücken, erklärt Simone Füsers.

Teilungsnähte im Vorderteil

Optimierte Armausschnitte

Stretcheinsatz

„Die Victoria-Kollektion geht nun noch einen Schritt weiter, da wir, wie bereits gesagt, feststellen konnten, dass teilweise das Brustgewebe trotz korrekter Schürzengröße exponiert wird. Sie schützt das Brustgewebe der Frau besonders gut, da zum Einen die Armausschnitte verkleinert wurden“-, erklärt Anna-Luisa Uhlitz die Vorteile der neuen Kollektion. „Zum Anderen ist der Schnitt durch die Prinzessnähte (Längsteilungsnähte für einen körpernahen Schnitt) im Vorderteil und den Stretcheinsatz im Rückenteil so ausgelegt, dass sich die Röntgenschutzkleidung der weiblichen Figur anpasst. Dadurch wird die „Lücke“ beim Armausschnitt geschlossen. Idealerweise wird auch die Victoria-Kollektion weiterhin mit einem Bolero kombiniert, um auch das Schultereckgelenk zu schützen“, so Anna-Luisa Uhlitz.

 

Wie hoch ist der Preis für Victoria-Schürzen/Mäntel im Vergleich zur regulären MAVIG-Strahlenschutz?

„Die Victoria-Kollektion kostet genauso viel wie die MAVIG-Kollektion. Es ist folglich kostenneutral, sich für den weiblichen Schnitt zu entscheiden. Es war uns besonders wichtig (auch in der Entwicklung), da Männer und Frauen nicht andere Preise für guten Schutz zahlen sollten“, erklärt Anna-Luisa Uhlitz.

[1] Chou LB, Johnson B, Shapiro LM, Pun S, Cannada LK, Chen AF, et al. Increased Prevalence of Breast and All-cause Cancer in Female Orthopaedic Surgeons. JAAOS Glob Res Rev [Internet]. 2022 May [cited 2022 Oct 31];6(5). Available from: https://journals.lww.com/10.5435/JAAOSGlobal-D-22-00031

[2] Chou LB, Chandran S, Harris AHS, Tung J, Butler LM. Increased Breast Cancer Prevalence Among Female Orthopedic Surgeons. Journal of Women’s Health. 2012 Jun;21(6):683–9.

[3] Chou LB, Lerner LB, Harris AHS, Brandon AJ, Girod S, Butler LM. Cancer Prevalence among a Cross-sectional Survey of Female Orthopedic, Urology, and Plastic Surgeons in the United States. Women’s Health Issues. 2015 Sep;25(5):476–81.

[4] Sigurdson AJ, Doody MM, Rao RS, Freedman DM, Alexander BH, Hauptmann M, et al. Cancer incidence in the US radiologic technologists health study, 1983-1998. Cancer. 2003 Jun 15;97(12):3080–9.

[5] Jartti P, Pukkala E, Uitti J, Auvinen A. Cancer incidence among physicians occupationally exposed to ionizing radiation in Finland. Scand J Work Environ Health. 2006 Oct;32(5):368–73.

[6] Valone LC, Chambers M, Lattanza L, James MA. Breast Radiation Exposure in Female Orthopaedic Surgeons. The Journal of Bone and Joint Surgery. 2016 Nov 2;98(21):1808–13.

[7] www.hartmannbund.de

[8]  Pilkington I, Sevenoaks H, James E, Eastwood D, Protecting female healthworkers from ionising radiation at work. BMJ. 2023; doi: https://doi.org/10.1136/bmj-2023-075406